Vaudoise Assurances 125 ans d’histoire
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1895–1918

Gründung und Anfangsjahre

Haus Auberjonois. Das erste Büro der Vaudoise (1895-1901).

Das Haus Auberjonois. Das erste Amt der Gegenseitigkeitsgesellschaft (1895-1901).

1895–1918

Gründung und Anfangsjahre

In Lausanne suchten Gewerbetreibende und Unternehmer nach einer genossenschaftlichen Versicherung, mit der an sie gestellte Haftpflichtansprüche, insbesondere aus Unfällen der Angestellten, gedeckt würden.

1895

4. April

Es herrschte Aufregung an jenem Abend des 4. Aprils 1895 vor dem Stadthaus in Lausanne. Rund 150 Personen fanden sich auf Einladung der Gewerbetreibenden und Industriellen von Lausanne – der Société industrielle et commerciale de Lausanne (SICL) – ein, um dem jungen Anwalt und Professor Jules Berney zuzuhören. Denn dieser wollte ihnen seine Vision einer genossenschaftlichen Versicherung vorstellen, wie er es in ähnlicher Form in Belgien und, etwas näher, in Genf gesehen hatte.

Bei seinen Ausführungen stützte sich Jules Berney auf eine einfache Argumentation: Versicherungen mit der Rechtsform Aktiengesellschaft würden nur die Hälfte der Prämieneinnahmen in Form von Entschädigungen ausschütten und behielten den Rest. Genossenschaften hingegen würden ihren Gewinnüberschuss an die Mitglieder weitergeben. Zur Deckung der Risiken würde ein Reservefonds konstituiert und für aussergewöhnliche Risiken liessen sich die Genossenschaften rückversichern. Der Beschluss zur Gründung einer Genossenschaft wurde einstimmig gefasst. 43 Personen traten noch am selben Abend der Genossenschaft bei.

Erstes Sitzungsprotokoll der Vaudoise,
4. April 1895.
Eine der ersten Darstellungen der visuellen Identität der Vaudoise.
Elfte Versicherungspolice der Vaudoise, abgeschlossen am 15. Mai 1895.

16. Mai

Die Anfänge

Die Geschäftstätigkeit wurde am 16. Mai des gleichen Jahres aufgenommen. Die Organisationsstruktur war damals noch ziemlich einfach. Die Direktion bestand aus drei Mitgliedern und die Geschäftsführung übernahm Louis Witschy. Die Genossenschaft nahm «ihre Tätigkeit ohne eigentliches Deckungskapital [auf]. Die einzige Garantie, die für die zu übernehmenden Verpflichtungen bestand, war die solidarische Haftung der Genossenschafter», wie der Jubiläumsschrift für die 50 Jahre zu entnehmen ist. Da sich die Geschäftstätigkeit auf den Kanton Waadt beschränkte, war die Waadtländische auch keiner Kontrolle unterstellt. Ihre einzige Bankbeziehung bestand mit der Waadtländischen Kantonalbank (BCV), eine Beziehung, die bis heute anhält.

Ende des ersten Bilanzjahres zählte die Genossenschaft 221 Mitglieder, davon 111 Passive und 110 Versicherte. Die Bilanz, die eine einzige Seite im ersten Jahresbericht in Anspruch nahm, wies einen Gewinn von 14’752.90 Franken aus. Die Prämieneinnahmen beliefen sich auf rund 34’069.15 Franken und es wurden 296 Unfälle entschädigt. Zudem konnte auch eine kleine Reserve von 2’385.30 Franken angelegt werden.

1900

Offiziell eidgenössisch

6. Oktober

Mit der Eröffnung einer Agentur in Neuenburg fasste die Waadtländische das erste Mal auch ausserhalb des Kantons Waadt Fuss. Dadurch sah sie sich allerdings gezwungen, eine eidgenössische Konzession einzuholen. Diese wurde ihr am 6. Oktober für den Vertrieb von Einzel- und Kollektiv-Haftpflichtversicherungen erteilt. Damit war die Waadtländische der Kontrolle des Eidgenössischen Versicherungsamts unterstellt und musste einen Garantiefonds von 100’000 Franken schaffen. Ausserdem war sie dazu angehalten, einen Rückversicherungsvertrag bei der Schweizerischen Rückversicherungs-Gesellschaft (heute Swiss Re) abzuschliessen. Damit wurde der Grundstein für eine bis heute andauernde Geschäftsbeziehung gelegt.

1916

Expansion in die Deutschschweiz

«Wir prüfen die Ausweitung des Versicherungsangebots auf die Deutschschweiz für Dritthaftpflichtversicherungen. Dabei konzentrieren wir uns auf freiwillige Versicherungen für jene Industrien, die dem Versicherungsobligatorium nicht unterstellt sind.»

Alfred Tzaut, 1911

Mit der Eröffnung einer Generalagentur in Bern 1916 begann die Waadtländische denn auch tatsächlich, im deutschsprachigen Landesteil Fuss zu fassen. In den folgenden Jahren konnte die Geschäftstätigkeit in der Deutschschweiz kontinuierlich ausgebaut werden.

1918–1945

Wille zur Genossenschaft

Der erste Geschäftssitz der Vaudoise, Avenue Benjamin-Constant in Lausanne, eingeweiht 1930.

1918–1945

Wille zur Genossenschaft

Das Ja des Stimmvolks zur Errichtung einer staatlichen Unfallversicherungsanstalt im Jahr 1912 bedrohte auf einen Schlag den Fortbestand der Waadtländischen. Mit der Verstaatlichung der Berufsunfallversicherung verlor sie in der Tat alle Kollektivversicherten, d. h. alle Unternehmen.

1918

Auch wenn sie ihre Geschäftstätigkeit diversifiziert und ihr Netz ausgebaut hatte, so blieb doch nichts zu machen: Je näher die Geschäftsaufnahme der SUVAL rückte, die auf Frühling 1918 angesetzt war, desto mehr wurde dies für die Geschäftsführung der Waadtländischen zur Zerreissprobe. Gleichzeitig wütete seit vier Jahren der Erste Weltkrieg, der für eine instabile wirtschaftliche Lage sorgte und mit grossen Entbehrungen einherging.

25. März

Aufstand der Genossenschafter

Als Antwort auf die Errichtung der SUVAL zog die Waadtländische eine Fusion mit der La Suisse in Erwägung. An der Generalversammlung vom 25. März 1918 wurde das Projekt vorgestellt. Die neue Gesellschaft sollte den Namen Lausanne, compagnie générale d’assurance, ancienne Mutuelle vaudoise tragen (Lausanne Allgemeine Versicherungsgesellschaft, ehemals Waadtländische). Die Generalversammlung verwarf den Vorschlag des Verwaltungsrats. Stattdessen sollte eine Studienkommission eingesetzt werden, die mit der Ausarbeitung der langfristigen Strategie der Waadtländischen betraut wurde.

Werbung, die das steigende Interesse der Waadtländischen für landwirtschaftliche Versicherungen verdeutlicht.
Werbung der La Suisse, Tribune de Lausanne, 22. März 1918.

1919

Die Neugründung

Die Krise war überstanden und führte sogar zu einer Art Neugründung der Genossenschaft, da sie sich nun nicht mehr an Unternehmen richtet, sondern vielmehr an Einzelpersonen.

Prämieneinnahmen(in Millionen Schweizer Franken)

1918
1
Million Schweizer Franken

1925
3
Millionen Schweizer Franken

1931
5
Millionen Schweizer Franken

Ein Trio für das Wachstum

Nach dem Ersten Weltkrieg nahm die Gesellschaft langsam wieder Fahrt auf. Die darauffolgenden zehn Jahre, insbesondere die Goldenen Zwanziger, waren schliesslich geprägt von einem starken wirtschaftlichen Aufschwung. Betrugen die Prämieneinnahmen im Jahr 1918 noch gut eine Million Franken, so sind sie im Jahr 1925 schon auf drei Millionen und im Jahr 1931 sogar auf fünf Millionen angewachsen. Ein fünffacher Anstieg in nur dreizehn Jahren! Und auch der Gewinn konnte um das Dreifache gesteigert werden: 1918 betrug er CHF 185’000, im Jahr 1930 CHF 563’000. Ab 1923 konnte die alte statutarische Bestimmung, die im Falle eines Defizits eine Prämiennachschusspflicht der Genossenschafter vorsah, fallen gelassen werden. Die Prämieneinnahmen erreichten wieder das Niveau von 1918, bevor die Kollektivversicherten zur SUVAL wechseln mussten.

Der Lausanner Anwalt Jean Spiro trat dem Verwaltungsrat im Jahr 1919 bei. Spiro war ausgewiesener Experte in Wirtschaftsrecht. Im Jahr 1939 wurde er Vize-Präsident, aber schon zuvor gestaltete sich die Zusammenarbeit zwischen ihm und Paul Pochon sehr gut. Während Spiro eher als Visionär und Stratege galt, so war Pochon der ruhige und präzise Experte. Das Zweiergespann wurde im Jahr 1924 vom Lausanner Stadtpräsidenten, dem liberalen Arthur Freymond, unterstützt. Ein Arzt, ein Jurist, ein Politiker. Natürlich sollte die Genossenschaft vor allem wirtschaftlich rentabel sein, aber der Geschäftsführung lag auch der Ausbau der Sozialen Sicherheit sehr am Herzen, insbesondere weil diese in der Schweiz damals noch wenig entwickelt war.

Jean Spiro (1873 – 1957)

arbeitete als Anwalt in Lausanne, dessen Kanzlei im gleichen Gebäude wie der Geschäftssitz der Waadtländischen untergebracht war. Er war als Vertreter der Freisinnigen im Waadtländer Grossen Rat und sass von 1919 bis zu seinem Tod im Verwaltungsrat der Waadtländischen. Ab 1930 präsidierte er die Vereinigung der Gewerbetreibenden und Industriellen von Lausanne (Société industrielle et commerciale de Lausanne) und lehrte Verwaltungs- und Gewerberecht an der Universität Lausanne.

Paul Pochon (1880-1954)

Paul Pochon war Arzt in Lausanne und überzeugter Abstinenzler. Nachdem er den Aufstand der Genossenschafter angeführt hatte, wurde er im Jahr 1919 Präsident der Waadtländischen, eine Funktion, die er bis zu seinem Tod innehatte. Er vertrat die Soziale Partei im Waadtländer Grossen Rat. Bei seinem Tod beschrieb ihn die liberale Zeitung “Nouvelle revue de Lausanne » als sehr beliebten Arzt, während die soziale Zeitung « Le peuple » von ihm als jemanden sprach, der dem Ideal des Demokratischen Sozialismus zugewandt war.

Arthur Freymond (1879 – 1970)

Arthur Freymond war Professor für Französisch und Mitglied der kommunalen Legislative, anschliessend der Exekutive von Lausanne. Im Jahr 1922 wurde er zum Stadtpräsidenten gewählt, bis er sein Amt abgab und von 1924 bis 1945 Generaldirektor der Waadtländischen war. Er verfolgte seine politische Karriere weiter als Abgeordneter im Waadtländer Grossen Rat. Ausserdem war er Präsident des Cercle démocratique und der Société Académique Vaudoise. Arthur Freymond war ein wichtiger Vertreter seiner Partei im Kanton.

Aufschwung der Motorfahrzeugversicherung

Ab dem Jahr 1925 konnte in der Motorfahrzeugversicherung neben dem Unfall- und Haftpflichtrisiko auch die Kasko abgeschlossen werden. Aufgrund der schnell wachsenden Anzahl Autos und der ab 1920 eingeführten Versicherungspflicht wurde die Motorfahrzeugversicherung zu einem der führenden Produkte der Waadtländischen.

1938

Expansion ins Tessin

Das Wachstum schlug sich vor allem in einer geografischen Expansion nieder: Nach der Eröffnung von Generalagenturen in Bern, Basel und Zürich während der Kriegsjahre folgten Generalagenturen in der ganzen Schweiz. Mit der Eröffnung einer Agentur in Lugano im Jahr 1938 wurde die Geschäftstätigkeit auch auf das Tessin erweitert.

Der Zweite Weltkrieg hatte natürlich auch starken Einfluss auf das Tagesgeschäft der Waadtländischen. Aufgrund der drastischen Rationierung des Treibstoffs blieben die Fahrzeuge in den Garagen. Die Autofahrer ihrerseits setzten ihren Vertrag aus oder kündigten ihn gleich ganz. Der Direktor der Waadtländischen bewahrte eine Pistole in seinem Schreibtisch und eine Flinte im Schrank auf – ein deutliches Zeichen der Spannungen dieser Kriegsjahre.

1938 – Schweizer Karte mit den Agenturen in der Romandie, der Deutschschweiz und dem Tessin: La Chaux-de-Fonds, Neuenburg, Lausanne, Freiburg, Bex, Genf, Schwyz, Bern, Luzern, St. Gallen, Zürich, Basel, Brugg, Weinfelden, Solothurn, Baden und Lugano (Quelle: Jahresbericht 1938).
1945–1990

Verlängerter Nachkriegsboom

Eingangshalle des Geschäftssitzes in Lausanne,
vom Architekten Jean Tschumi entworfen.

1945–1990

Verlängerter Nachkriegsboom

Die Geschäfte erholten sich nicht nur, sie explodierten förmlich. Mit der Aufhebung der Restriktionen auf den Treibstoff wurden die Autos aus den Garagen geholt und die Kasko- und Haftpflichtversicherungen wieder aktiviert.

Die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg waren geprägt von einem noch nie dagewesenen starken Wirtschaftswachstum. Der Nachkriegsboom hielt in den westlichen Ländern rund dreissig Jahre an, bis zur ersten Ölkrise im Jahr 1973.

Für die Waadtländische hingegen währte dieser Aufschwung annähernd ein halbes Jahrhundert, bis zu Beginn der 1990er Jahre. Im Jahr 1946 konnten bereits über 100’000 Versicherungspolicen gezählt und 10 Millionen Franken an Prämieneinnahmen verbucht werden. Nur vier Jahre später, im Jahr 1950, wurde das Doppelte an Prämieneinnahmen verzeichnet. Bis zum Jahr 1955 konnten 200’000 Policen abgeschlossen werden.

Entwicklung der Geschäfte.
1895

1956

Ein neuer Geschäftssitz

In Europa herrschte wieder Frieden, und so konnte die Waadtländische den Bau eines neuen Geschäftssitzes in Erwägung ziehen. Es sollte acht Jahre dauern, bis das Gebäude Cèdres schliesslich im Juni 1956 für die Mitarbeitenden eröffnet werden konnte.

Der stv. Generaldirektor Gérard de Watteville, Architekt Jean Tschumi und der Generaldirektor Marcel Delarageaz stossen auf den neuen Geschäftssitz an, 1956.
Werbung 1969: Die Waadt greift nach dem Mond.

1960

Beginn der Lebensversicherung

Nach langem Zögern entschloss sich die Direktion, in das Lebengeschäft einzusteigen. Die Vaudoise Leben wurde 1960 gegründet, um das Versicherungsportefeuille ein wenig auszugleichen, das bis anhin stark von der Motorfahrzeugversicherung dominiert wurde.

1963

Ende der Versicherung auf Gegenseitigkeit, Platz für die Genossenschaft

Die Regulierungsbehörden zeigten sich besorgt über den Stand des Eigenkapitals der Waadt-Unfall und verlangten, dass 20 % des Gewinns an die gesetzlichen Reserven überwiesen werden. Durch die Aufstockung der Reserven konnte die Waadt-Unfall allerdings weniger Gewinn an die Genossenschafter auszahlen. Aber gerade die Gewinnauszahlung war eines der Hauptverkaufsargumente, um Neukunden zu akquirieren. Die Waadt-Unfall wurde in eine Genossenschaft mit Anteilscheinen umgewandelt. Die ehemalige Versicherung auf Gegenseitigkeit, bei der jeder Versicherte auch Mitglied war, wurde abgelöst.

1965

Beginn der Krankenversicherung

Die Waadt-Unfall entschied, eine Allianz mit zwei Versicherern aus der Region einzugehen, nämlich mit der La Suisse und der Genfer. Gemäss dem Direktor Marc Broquet hätten alle drei dieselbe Idee gehabt, und dies ohne vorgängige Absprache. So entstand zu Beginn des Jahres 1965 die Intras, die bei der Genfer Versicherung einquartiert wurde.

1980

Wachstum in Krisenzeiten

Just zu Beginn der 1980er-Jahre betrug die Bilanzsumme zum ersten Mal in der Geschichte des Unternehmens mehr als eine Milliarde. Im Jahr 1988 konnte sie sogar verdoppelt werden. Zu Beginn dieses Jahrzehnts, das von Aufschwung gekennzeichnet war, war der Verwaltungsrat vor allem froh darüber, die 1970er Jahre mit den Ölpreiskrisen, der Inflation und der Rezession ohne grössere Schäden überstanden zu haben.

1990

Der Börsengang

In den 1980er-Jahren, die von einer wirtschaftlichen Euphorie geprägt waren, konnten die Waadt Versicherungen ihren Umsatz verdoppeln, waren aber alsbald einer Bedrohung ausgesetzt: Wie sollte sie der Konsolidierungswelle, die sich in der Versicherungsbranche breitmachte, begegnen? Gleichzeitig sahen sich die Waadt Versicherungen mit einer grossen politischen Umwälzung in Europa konfrontiert. Tatsächlich stand im Jahr 1992 die Gründung der Europäischen Union vor der Tür, die eine Ablösung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft durch den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bewirkte. Die Waadt Versicherungen prüften nun einen Börsengang, wie er in jenen Jahren gerade im Trend lag.

Am 13. März 1990 ging die Holding in Zürich, Genf und Basel an die Börse. Nach 95-jährigem Bestehen kann die Genossenschaft auf eine reiche Unternehmensgeschichte zurückblicken. Sie wandelte sich von einer kleinen, regionalen Versicherung auf Gegenseitigkeit zu einem wichtigen Akteur auf dem Schweizer Markt und unternahm sogar zwei Expansionsversuche ins Ausland.

1990–2000

Ein schwieriges Jahrzehnt

1990–2000

Ein schwieriges Jahrzehnt

Zu Beginn des letzten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts schienen die Waadt Versicherungen auf einer Wolke zu schweben. Die Geschäfte florierten wie noch selten zuvor und mit 10 Millionen Reingewinn im Jahr 1989 stand es hervorragend um die Finanzen.

24 Heures, 18-19.03.2000.

Zudem beschäftigten die Waadt Versicherungen mehr als 1’400 Personen, so viele wie noch nie, und dank einer vorsichtigen Anlagestrategie konnte auch der Schwarze Montag – der Börsenkrach vom 19. Oktober 1987 – gut überstanden werden. Mit dem Mauerfall und dem Ende des Kalten Kriegs schienen sich neue Horizonte zu eröffnen. 

Doch der Vorschlag der Europäischen Gemeinschaft, einen Europäischen Wirtschaftsraum zu gründen, in dem auch die Länder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) eingebunden sind – darunter also auch die Schweiz – könnte zu einem härteren Wettbewerbsfeld führen.

Alles oder nichts

Überzeugt davon, dass sich die Versicherungsbranche künftig international ausrichtet und dass sie über genügend finanzielle Mittel verfügte, entschied der Verwaltungsrat eine Expansion nach Italien und Spanien. Die Waadt Versicherungen konnten die Berner Versicherung als Partner gewinnen. Diese Versicherung meisterte gleiche Herausforderungen und schien ähnliche Interessen zu verfolgen. Zusammen hielten sie die Bernese Assicurazioni und die Amaya.

Die Waadt Versicherungen investierten rund 70 % ihrer Kriegskasse in Projekte, bei denen noch einige ungeklärte Punkte bezüglich der Zahlen, der Geschäftsmodelle und der Strategie bestanden und noch keine geeignete Kontrollstelle eingerichtet wurde.

Logo der Berner Versicherung.

1992

Eine Achterbahnfahrt

laude-André Masson, der seit 1973 den Posten des Generaldirektors innehatte, verstarb 64-jährig. Der Verwaltungsrat war natürlich zutiefst betroffen. Im Juli schliesslich führte eine Kontrolle der Buchhaltung der Amaya zu einer Korrektur des Geschäftsergebnis. Anstelle des Gewinns von 235 Millionen Pesetas (ca. 3,3 Millionen Franken) wurde … ein Verlust von 1,3 Milliarden Pesetas (18,3 Millionen Franken) ausgewiesen.

In den 1990er-Jahren versuchten sich die Waadt Versicherungen aus dem Engagement in Spanien und Italien zu befreien. Um einen Weg aus der Krise zu finden, wandten sich die Waadt Versicherungen an einen Experten für die spanische Wirtschaft, an den Jurassier Paul-André Sanglard. Die Beteiligung an der Amaya und der Bernese wurden respektive im Jahr 1997 und 2000 an die Berner abgetreten.

Die Expedition in den spanischen und italienischen Markt kam die Waadt Versicherungen teuer zu stehen. Über einen Zeitraum von zehn Jahren investierte die Gruppe mehr als 200 Millionen Franken. Dank der stillen Reserven stand das Überleben der Gruppe allerdings nicht auf dem Spiel.

Die Vaudoise kann ihr 100-jähriges Bestehen gebührend feiern.

1995

Der Aufschwung

Die Vaudoise lancierte zwei Programme, die sich jeweils auf die Restrukturierung der Arbeit (Planiva) und die Dezentralisierung der Informatik konzentrierten. Ziel war es, die allgemeinen Spesen dank einer stärkeren Konzentration auf die Lebens- und Sachversicherung als Ausgleich für den erwarteten Rückgang in den anderen Versicherungszweigen unter Kontrolle zu halten. Dank dieser Restrukturierung konnte die Vaudoise in den schwierigen Bilanzjahren 1994 bis 1996 doch einen Gewinn zwischen 14 und 15 Millionen Franken ausweisen. Die Prämieneinnahmen stagnierten bei etwas mehr als einer Milliarde Franken, während die Provisionen und Reserven um 18 % anstiegen. Im Jahr 1995 konnte die Vaudoise ihr 100-jähriges Bestehen gebührend feiern.

1998

Valorlife

Um einer durch die Abenteuer in Spanien und Italien stark geschwächten Vaudoise unter die Arme zu greifen und die schwierige Konjunkturlage auszugleichen, wurde in ein neues Produkt investiert – der Assurfinance (ein Produkt, das an Anlagefonds gebunden ist). Der Verwaltungsrat hiess die Gründung der Valorlife einstimmig gut, die gleich zu Beginn ein gutes Wachstum verzeichnete. Nichtsdestotrotz waren sich die Verwaltungsräte über die steigenden steuerlichen Probleme bewusst, die mit dieser Art von Produkten einhergingen. Schliesslich konnte die Valorlife im Jahr 2014 an eine kleine Liechtensteiner Gesellschaft abgetreten werden.

2000–2009

Neuanfang

Geschäftssitz der Vaudoise in Lausanne.

2000–2009

Neuanfang

Gleichzeitig zur Restrukturierung im Jahr 1993 arbeitete Generaldirektor Rolf Mehr an den Zukunftsplänen der Waadt Versicherungen. Er wartete also nicht ab, bis das Abenteuer in Spanien und Italien beendet war. Seine Pläne basierten hauptsächlich auf einer Rückbesinnung auf den Schweizer Markt, wo man sich ein gesundes und nachhaltiges Wachstum zu erwirtschaften erhoffte.

Ende der 1990er-Jahre konnten die Waadt Versicherungen aus ihren Beteiligungen in Spanien und Italien austreten, sodass die Direktion, von dieser Hypothek befreit, den Rhythmus der Arbeit beschleunigen konnte. Ihr Konzept baute auf zwei Achsen auf: einer Entschlackung des Versicherungsportefeuilles sowie einem Wachstum in der Deutschschweiz.

2002

Die Herausforderung der Dotcom-Blase

Nach einem euphorischen Jahr 2000 brachen die Börsenmärkte aufgrund der geplatzten «Dotcom»-Blase ein. Zwischen 2001 und 2003 fielen die Aktienmärkte um 30 % bis 50 %.

Um einem Konkurs oder einer Kontrolle des BPV zu entgehen, waren jene Versicherungsgesellschaften, die ihre Anlagen nicht genügend diversifiziert hatten, gezwungen, entweder neue Mittel bei ihren Aktionären zu generieren oder sich aufkaufen zu lassen. Die Vaudoise hatte Glück und kam durch die Krise, ohne dass sie auf eine der beiden Optionen zurückgreifen musste.

2003

Mit Müh und Not

Im Jahr 2003 besserte sich die Lage der Vaudoise. Die Prämieneinnahmen stiegen, der Aktienanteil bei den Anlagen konnte auf die Untergrenze von 4 % gebracht werden und das Anlageergebnis stieg beträchtlich. Zudem konnte ein rekordhoher Gewinn von 30,3 Millionen Franken erwirtschaftet werden. Die Eigenmittel nahmen ebenfalls wieder zu.

Die zweite Krise in weniger als zehn Jahren, die die Vaudoise mit Müh und Not überstand. Sie hatte ihre Lehren daraus gezogen, dämmte die Kosten und vereinfachte ihr Portefeuille.

2005

Ein historischer Austausch

Für die Versicherungsbranche schien die Zukunft indes klar: Keine Verzettelung bei den Tätigkeiten mehr, sondern Konzentration auf rentable Geschäftszweige. Die Vaudoise setzte dies um und konzentrierte sich nunmehr auf zwei Branchen, die Sachversicherung als ihr Eckpfeiler und die Einzellebenversicherung. Die Umwandlung konkretisierte sich mit einem grossen Tauschhandel mit der Swiss Life, die im Jahr 2005 die Aufteilung der La Suisse beschloss. Die Vaudoise übernahm das Nichtleben-Portefeuille der La Suisse (Fahrzeug- und Sachversicherungen) ohne allerdings die Branchen Krankheit und Unfall. Als Gegenleistung übernahm die Swiss Life das Kollektivleben-Portefeuille der Vaudoise.

Konsolidiertes Nettoergebnis – Entwicklung 2002 bis 2018.
A
Aktienbaisse
B
Tausch der Portefeuille
BVG/Vermögen Swiss Life – La Suisse
C
Verkauf von Intras
D
Verkauf von Valorlife
E
Erwerb Animalia
F
Erwerb Berninvest +
Vaudoise Investment Solutions
2002 -81.4
Konsolidiertes Nettoergebnis – Entwicklung 2002 bis 2018.
Aktienbaisse
A
Tausch der Portefeuille
BVG/Vermögen Swiss Life – La Suisse
B
Verkauf von Intras
C
Verkauf von Valorlife
D
Erwerb Animalia
E
Erwerb Berninvest +
Vaudoise Investment Solutions
F
2002 127.5

2008

Ende der Krankenversicherung

Mit der Abtretung ihrer Beteiligung an der Intras stieg die Vaudoise aus der Krankenversicherung aus. Die beiden Aktionäre der Intras, die Zurich und die Vaudoise, nehmen das Angebot des Luzerner Krankenversicherers, der CSS, an.

2009–2020

Zurück zu den Wurzeln

Rolf Mehr und Philippe Hebeisen bei der Stabsübergabe.

2009–2020

Zurück zu den Wurzeln

Ende 2008 trat Rolf Mehr nach 15 Jahren an der Spitze der Vaudoise zurück. Auf ihn folgte Philippe Hebeisen. Gleichzeitig legte François Carrard sein Amt als Präsident des Verwaltungsrats nieder und machte Platz für den Ökonomen Paul-André Sanglard. Der globale Finanzmarkt war noch völlig in den Klauen der Finanzkrise, die mit dem Konkurs der Bank Lehman Brothers ihren Anfang nahm, als die Vaudoise eine neue Strategie aufnahm: eine Konzentration auf den Schweizer Markt mit einer Expansionsstrategie für die Deutschschweiz und eine Rückkehr zu den Wurzeln.

«Ein Produkt lässt sich kopieren, das Vertrauen eines Kunden aber ist einzigartig».

Philippe Hebeisen

Neuausrichtung

Bei seinem Amtsantritt schien es Philippe Hebeisen an der Zeit, das Geschäftsmodell zu modernisieren. Dazu wurde eine etwas andere Unternehmenskultur eingeführt, die stärker auf Partizipation setzte. Der Vertrieb wurde neu in drei Regionen aufgeteilt, denen je ein Marktleiter vorsteht. Konzentration auf den Schweizer Markt, Abhebung von der Konkurrenz – nach und nach drängte sich die Idee der Rückbesinnung auf ihre genossenschaftlichen Werte auf. Im Jahr 2012 schliesslich wurde erstmals ein Teil des Gewinns an die Versicherten weitergegeben.

2012

Neue Dynamik

Laut Philippe Hebeisen konnten die Geschäfte sofort angekurbelt werden. Die Zahlen jenes Jahres standen in krassem Gegensatz zu den drei schwachen Jahren davor. Seither liegt das Wachstum der Vaudoise über dem Durchschnitt des Schweizer Markts. Im Vergleich zu 2011 stiegen die tatsächlich eingenommenen Prämien für Nichtleben-Versicherungen um 3,9 % und im Jahr 2013 sogar um 5 %.

Die Neuorientierung wirkte sich auch auf die Unternehmensführung aus und schlug sich unter anderem in der Erstellung eines Verhaltens- und Ethikkodex im Jahr 2012 nieder und führte im Jahr 2014 zur Annahme einer Charta für die gesellschaftliche Unternehmensverantwortung.

2017

Im digitalen Zeitalter

Die Vaudoise war die erste Schweizer Versicherungsgesellschaft, die eine kommerzielle Internetseite betrieb. Darauf war sie sehr stolz und stellte das Unternehmen nach und nach auf die Digitalisierung ein. Im Jahr 2017 wurde ein Departement für digitale Transformation gegründet. Zudem investierte die Vaudoise im selben Jahr rund 15 Millionen Franken in einen Fonds des Unternehmens Blackfin in Paris. Damit werden junge Unternehmen unterstützt, die sich in Finanztechnologie (Fintech), in Versicherungstechnologie (Insurtech) und in reglementarischen Fragen (Regtech) spezialisiert haben.

Visibilität

Da der neue Direktor der Sichtbarkeit eine grosse Bedeutung zuwies, war die Vaudoise ab 2009 bemüht, ihren Bekanntheitsgrad zu erhöhen, und begann nationale Sport- und Kulturanlässe zu sponsern.

2019

Vaudoise Aréna

Als weiterer Schritt zur Erhöhung der Visibilität wird die Vaudoise Naming-Partner der neu gebauten Vaudoise Aréna in Lausanne, die im September 2019 eröffnet wurde.

Vaudoise Aréna.

2020

Neue Herausforderungen

Zu den grössten Herausforderungen zählen sicherlich die digitale Transformation und die Erwartungen bezüglich nachhaltiger Entwicklung, auf die Jean-Daniel Laffely, der 2020 auf Philippe Hebeisen folgte, zusammen mit den Mitgliedern des Direktionsausschusses Antworten finden muss.

Philippe Hebeisen (l.) und Jean-Daniel Laffely (r.) anlässlich der Amtsübergabe. (Foto: Anoush Abrar)

Die Räume des ersten Geschäftssitzes in den 1930er-Jahren.

Der Geschäftssitz
Benjamin-Constant

Dieser Geschäftssitz galt als architektonische Bekräftigung der noch jungen Genossenschaft. Im Jahr 1923 fiel der Entscheid, einen eigenen Geschäftssitz zu bauen. Dazu beauftragte die Waadtländische den Architekten René Bonnard, der heute vor allem in der Romandie für seine avantgardistische Architektur bekannt ist.

Das Projekt Bonnards rief eine stadtplanerische Frage über die künftige Gestaltung des Quartiers hervor: Sollte dieses als eine Art Kreuzung gebaut werden, wie es die Stadtverwaltung eigentlich vorsah, oder eher als richtiger Platz, als Ausgangspunkt für die künftige Avenue du Tribunal-Fédéral, die dann zum Bundesgericht führt? Schliesslich wurde die erste Variante umgesetzt.

Am 14. April 1930 wurde der rund 1,52 Millionen teure Geschäftssitz Benjamin-Constant eingeweiht. Die Büroräume waren mit wunderschönen Einlegearbeiten aus Holz gestaltet und boten einen traumhaften Blick auf den Genfersee. Die Waadtländische blieb bis ins Jahr 1956 im Gebäude, und bezog anschliessend ihre neuen Räumlichkeiten im gegenwärtigen Geschäftssitz Cèdres. Der ehemalige Geschäftssitz, dessen Räume vermietet werden, gehört noch immer der Vaudoise.

In der ersten Reihe links der Direktor der Waadtländischen, Arthur Freymond, inmitten von Arbeitern und Unternehmen beim Bau des Geschäftssitzes Benjamin-Constant.
Das Aushängeschild an der Avenue Benjamin-Constant.

Der Geschäftssitz Cèdres

Er ist der ganze Stolz der Vaudoise Versicherungen. Dank seiner avantgardistischen Architektur, der visionären Struktur und Ästhetik werden über den historischen Geschäftssitz immer wieder Berichte veröffentlicht, nicht selten auch in Architektur-Fachzeitschriften. Diese Berichte wiederum tragen das Bild des Unternehmens nach aussen.

Eine Mischung aus Notwendigkeit und Wunsch führte zum Bau des Geschäftssitzes: Auch die Waadt-Unfall profitierte von dem ausserordentlichen Wirtschaftsaufschwung der Nachkriegszeit, sodass die Räumlichkeiten an der Avenue Benjamin-Constant für die Waadt-Unfall – wie die Vaudoise zu diesem Zeitpunkt noch hiess – allmählich zu eng wurden. Und dies, obwohl diese Räumlichkeiten erst rund 15 Jahre davor eingeweiht worden waren. In der Nachkriegszeit wuchs aber auch der Wunsch nach Modernität und Verjüngung, um die Erinnerung an die dunklen Kriegsjahre zurückzulassen.

Der Geschäftssitz Cèdres.

Auf dem Lande

Der Bankier Paul Bugnion bot eine Parzelle im Quartier de Cour zum Verkauf. Damals befand sich diese Gegend noch ausserhalb der Stadt. Die Parzelle befindet sich an der Strassenecke Avenue du Cour und Avenue des Bains und wurde zu jener Zeit als «Campagne» bezeichnet und beschrieb einen Landsitz mit viel Umschwung, der im Besitz einer wohlsituierten Familie war. Die Transaktion wurde Mitte Juli abgeschlossen.

Blick auf das Quartier de Cour mit dem Parc de Milan (oben) und der Parzelle «Campagne des Cèdres» der Familie Bugnion (unten), auf der der Geschäftssitz der Genossenschaft gebaut wird.

Ein Architekturwettbewerb

Die Waadt-Unfall lancierte einen Wettbewerb für den neuen Geschäftssitz. Vier Architekten – Eugène Bébou, Georges Villars, Maurice Grivel und Jean Tschumi – reichten im Dezember 1951 ihre Vorschläge ein. Die Jury gab dem Entwurf Tschumis den Zuschlag, denn dieser weise die höchste architektonische Qualität aus.

Inspiration aus Amerika

In der Nachkriegszeit übte Amerika eine grosse Faszination aus. Der Generaldirektor Marcel Delarageaz unternahm im Oktober 1952 zusammen mit seinem Generalsekretären Roger Bobillier und Jean Tschumi eine Reise in die Vereinigten Staaten, um neue Ideen einzuholen.

Nicht datierte Aufnahmen von Jean Tschumi, von seinen Reisen nach New York und Chicago. Archives de la construction moderne – EPFL.
Fonds Jean Tschumi.
Jean Tschumi und die Direktion der Waadt-Unfall besichtigen den Geschäftssitz der Vereinten Nationen in New York.
Archives de la construction moderne – EPFL.
Fonds Jean Tschumi.
Archives de la construction moderne – EPFL.
Fonds Jean Tschumi.

Einweihung und Danksagungen

Das Gebäude wurde am 28. Juni 1956 mit einer grossen Feier offiziell eingeweiht. Und war sofort der ganze Stolz der Führungskräfte der Waadt-Unfall. Die moderne Linienführung, die offene Gestaltung, das Licht, die Aussicht auf den Lac Léman sowie die Modularität der Räumlichkeiten beeindruckten die Besucher. Und auch die Errichtung eines Betriebsrestaurant stiess auf Begeisterung, denn damals war dies noch eine Seltenheit.

Der Geschäftssitz CèdresFür dessen Bau wurden benötigt:

Sand und Kies
10400 t.
1’040 Wagen à 10 Tonnen

Zement
1500 t.
150 Wagen à 10 Tonnen

Stahl
820 t.
82 Wagen à 10 Tonnen

Beton
5000 m3
12’500 Tonnen

Der Film über die Konstruktion

Mit dem Kauf des gegenüberliegenden Gebäudes im Jahr 1985 wurde der Geschäftssitz Cèdres ausgebaut. Dieses Gebäude wurde unter der Federführung des Architekten Jacques Dumas umgebaut und im Jahr 1987 eröffnet.

Zeichnung von Jacques Dumas, Architekt.

Kunstkommission

Getreu seiner architektonischen Vision versuchte Jean Tschumi, visuelle und dekorative Künste ins Zentrum des Projekts der Vaudoise zu stellen. Dazu wurde Anfang 1955 eine Kunstkommission gegründet, die einen Ideenwettbewerb für Schweizer Künstler lancierte. Mit über 500 eingereichten Projekten stiess der Wettbewerb auf unerwartet grosses Echo. Ende des Jahres 1956 wurden sechs Künstler mit unterschiedlichen Vorschlägen ausgewählt.

Bernard Schorderet, Tempo, Bas-relief, Marmor, 1957.
Carlo Baratelli, Rythme de la couleur, Wandmalerei, 1957.
Fotografie von Nicolas Jutzi, 2014.
André Ramseier, Astéroïde, Bronzeskulptur, 1958.
Ödön Koch, Nénufar, Betonskulptur, 1957.
Jacques Berger, Rivage II, Wandmalerei, 1957. Fotografie von Joël Tettamanti, Ohne Titel, aus der Serie La Vaudoise, Lambdadruck auf Aluminium, 2010.
Jean-François Liègme, Le noir volant, Mosaik, 1957. Fotografie von Joël Tettamanti, Ohne Titel, aus der Serie La Vaudoise, Lambdadruck auf Aluminium, 2010.

Eine neue Kunstkommission

Im Jahr 2009 wurde eine neue Kunstkommission gegründet, die mit der Verwaltung und Pflege des Kunstbestands beauftragt wurde und als Schnittstelle zwischen der Kunst und dem Unternehmen wirken sollte. Jedes Jahr lädt die Kunstkommission Schweizer Kunstschaffende ein, das Unternehmensbild der Vaudoise in ihrer Kunstform auszudrücken.

Personalreglement

Stempeln, Tee und leere Gänge – die Regeln von 1959 und 1971 unterscheiden sich doch deutlich von unserem heutigen Reglement. Auszüge.

«Es gibt zwei Arten von Disziplin: jene, welche durch Zwang auferlegt oder jene andere, welche freiwillig gewählt wird. Es ist nicht schwierig zu erraten, welcher wir den Vorzug geben würden, wenn das Problem einfach zu lösen wäre. Darum ist auf der Generalagentur und auf der Direktion stets eine gute Dosis gegenseitigen Verständnisses und guten Willens erforderlich.»

«Durch Heirat wird das Anstellungsverhältnis der weiblichen Angestellten auf Ende des Monats, in welchem die Verehelichung erfolgt, aufgelöst. Wenn ein begründetes Gesuch vorliegt, kann im Einvernehmen mit der Direktion die provisorische Weiterführung des Anstellungsverhältnisses gestattet werden […]. Grundsätzlich werden verheiratete Frauen nur provisorisch angestellt.»

«Die Arbeit konnte am Vor- und Nachmittag während rund zehn Minuten unterbrochen werden. Gegen ein kleines Entgelt wurde den Mitarbeitenden ein Kaffee oder eine Tasse Tee serviert.»

«Das Gebäude durfte während der Arbeitszeit und den Pausen ohnehin nur mit Genehmigung des Dienststellenleiters oder dessen Stellvertreter verlassen werden.»

Kaffeepause in den Jahren 1950 und 1970.
Verwaltungsratssaal.

«Innerhalb des Gebäudes sollen nur so wenig Bewegungen wie möglich stattfinden.»

«In den Räumlichkeiten darf geraucht werden.»

«Während der Mittagspause müssen alle Räumlichkeiten verlassen werden.»

«Der Arbeitstag beginnt und endet mit dem Stempel-Signal.»

Informatik und Innovation

Wie so viele andere Dienstleistungsunternehmen war die Vaudoise stets bestrebt, Betriebskosten zu reduzieren, indem sie repetitive Arbeiten automatisierte. Zu solchen Arbeiten zählten insbesondere die unzähligen Berechnungen, die zur Betreibung einer Versicherungsgesellschaft unerlässlich sind. Im Zuge der Umstellung auf die Automatisierung nahm die Vaudoise zwar keine Pionierrolle ein, gehörte aber doch zur Avantgarde.

Bereits ab den 1920er-Jahren nutzten viele Unternehmen erste Rechenmaschinen, so auch die Vaudoise. Die Umstellung auf die Informatik erfolgte dann ein gutes Jahrzehnt später mit der Anschaffung eines ersten Computers der Marke UNIVAC (Universal Automatic Computer). Mit rund 35,5 Quadratmetern Stellfläche beanspruchte der Computer einen ganzen Raum, und dessen Installierung war spektakulär: Die Strasse vor dem Gebäude wurde gesperrt, damit die Lastwagen und Anhänger genügend Platz zum Ausladen der Ware hatten. Diese wurde dann mittels eines Spezialgerüsts hinauf- und durch ein Fenster, das man eigens dafür in die Mauer schneiden musste, in den Raum befördert.

Burroughs-Maschinen, 1981.
Installierung des UNIVAC-Computers, 1960.

Ende der 1970er-Jahre lancierte die Vaudoise ihr eigenes Betriebssystem, das Dialogsystem, das auf den Programmiersprachen Fortran und Cobol basiert und das immer weiterentwickelt wurde.

Im Jahr 1981 kaufte die Vaudoise Burroughs-Computer. Damit konnten Bildschirmgeräte installiert werden, die mit dezentralisierten Tastaturen ausgestattet waren. Die ersten Personal Computer wurden im Jahr 1984 angeschafft.

Im Jahr 1995 lancierte die Vaudoise ihre Website www.vaudoise.ch, deren grafische Gestaltung damals noch rudimentär war. Erst im Jahr 2000 nahm die Vaudoise die Dinge so richtig in die Hand: Die Informatik sollte von der allgemeinen Verwaltung des Unternehmens losgelöst und ein Departement «Informationssystem» gegründet werden. Damit war also der Weg bereitet für die Digitalisierung, die schliesslich 2012 in der Unternehmensstrategie ausdrücklich integriert wurde. 2018 startet die Vaudoise ein Programm der digitalen Transformation, mit dem nun – endlich – das Dialogsystem ersetzt werden soll.

Visuelle Identität

In den Nachkriegsjahren investierte die Vaudoise stärker in die Werbung. Dies schlug sich unter anderem in der Kreation des heutigen Logos nieder, das aus einem «Band des Lebens» und einer Abkürzung der Unternehmensbezeichnung besteht. Ein Blick zurück auf 125 Jahre visuelle Identität.

Plakate der Werbekampagnen

Das Logo im Wandel der Zeit